Zum Thema alleine Reisen und arbeiten, hatte ich mit 2 Listen begonnen: eine um die Vorteile und eine um die Nachteile aufzulisten. Denn bevor ich zu schreiben beginne, überlege ich mir, was ich vermitteln möchte und schreibe Stichworte auf.
Um es gleich vorweg zu nehmen: welch Überraschung, die Liste mit den Vorteilen war um vieles länger. Ich muss dazu aber auch anmerken, dass dies natürlich ausschließlich meine subjektive Liste ist, da sie auf meinem Wertesystem und meinen Vorlieben basiert.
Alleine reisen und arbeiten muss nicht zwangsläufig bedeuten, dass man einsam ist. Alleine reisen ist ein Umstand, sich dabei einsam fühlen ist eine Entscheidung.
Am Anfang war die Ungewissheit
Um ehrlich zu sein, anfangs hatte ich einwenig Angst vor dem alleine reisen bzw. alleine im Wohnmobil leben. Jedoch hatte ich keine Angst vor Überfällen oder anderen Gefahren, sondern wie es mir dabei ergeht, wenn ich auf mich alleine gestellt bin. Alleine und vielleicht einsam?
Nach einigen Monaten alleine reisen – nicht ganz, da ich ja mit Hund und Katze reise, bzw. im Wohnmobil lebe – ging es mir großteils sehr gut damit.
Man ist nur alleine, wenn man sich alleine wo hinstellt oder auf einem SP oder CP den Kontakt mit anderen bewusst meidet. Ansonsten lernt man immer wieder nette andere Wohnmobilisten/Camper kennen. Mit einigen habe ich immer noch Kontakt und wir tauschen uns über Empfehlungen zum Stehen, Besichtigungen, Restaurants etc. aus.
Einsam habe ich mich manchmal gefühlt, vor allem wenn ich mit einer Situation überfordert war, weil zum Beispiel eines der Tiere krank oder kurzzeitig verschwunden war, oder in schönen Momenten wie Sonnenuntergänge am Strand mit anderen Pärchen, manchmal im Restaurant bei einem guten Essen, oder einfach Nähe und Intimität zu spüren.
Aber ansonsten überwiegen für mich die Vorteile beim alleine reisen und arbeiten. Was nicht heißt, dass ich nicht gerne mit einer Partnerin reise würde, wäre halt dann anders – nicht besser oder schlechter, einfach nur anders.
Was sind nun für mich persönlich die Vorteile, die ich für mich schätzen gelernt habe die letzten Monate: Ich bestimme selbst meinen Tagesrhythmus. Wohin ich fahre. Wie lange ich an einem Ort bleibe. Was ich dort mache. Es gibt darüber keine Diskussionen, Unstimmigkeiten und unnötige Streitereien.
Die Freiheit, die ich meine
Ich habe es sehr schätzen gelernt, dass ich frei bin und nach meinem eigenen Rhythmus leben und reisen kann. Dass ich in mich hinein höre und dann das tue, was mir gerade gut tut. Was fühlt sich für mich richtig an. Ich war immer so ein „people pleaser“ und habe mich dann immer nach meiner Partnerin gerichtet und war dabei nicht immer happy mit manchen Entscheidungen.
Und ich habe auch erfahren, dass ich mit dieser neuen Freiheit auch umgehen lernen muss. Was mache ich jeden Tag, finde ich einen Rhythmus, eine Routine. Verbringe ich bloß meine Zeit alleine oder mache ich was draus. Was mache ich mit meiner gewonnen Freiheit? Wie gehe ich damit um? Fühle ich mich überhaupt wohl damit? Oder ist es mir lieber, wenn andere mir Entscheidungen abnehmen?
Und ja, es ist nicht immer einfach alleine Entscheidungen zu treffen, aber man wächst und lernt es schätzen und lieben. Es ängstigte mich manchmal, es ließ mich aber auch daran wachsen. Wofür ich sehr dankbar bin.
Irgendwie verstehe ich jetzt auch besser worum ein Großteil der Menschheit mit der Freiheit nichts anfangen kann und lieber etwas vorgegeben bekommt.
Am Ende meiner Gedanken habe ich einen Post von JV eingebaut, der sehr schön schreibt „ Ist man im Hamsterrad gefangen, ist es manchmal leicht zu träumen… man kann ja nicht, weil …hat ja scheinbar keine Wahl. Und dann ist man plötzlich frei und hat alle Möglichkeiten… wie es eben so ist mit der Eigenverantwortung im Leben.“
Jene Worte, die dir als physische Ausformung deines Denkens durch deinen Kopf gehen, sind nur die sichtbare Spitze des Eisberges. Dein Denken ist viel viel mehr. Egal ob limitierende Glaubenssätze, persönliche Meinung, Gedanken des Muts, der Furcht, des Zorns, des Hasses oder der Liebe. So auch die Qualität deines Lebens. Deine Gefühle und Emotionen werden durch dein Denken geschaffen und können dadurch auch vom Denken kontrolliert werden.
Das Glück deines Lebens hängt von der Beschaffenheit deiner Gedanken ab. (Marcus Aurelius)
Außerdem habe ich festgestellt, dass ich viel fokussierter bin, weniger abgelenkt durch den Partner. Ich bin viel produktiver. Schreibe mehr.
Ich lerne mich viel besser selbst kennen, was für mich sehr wichtig ist, da ich immer in Beziehungen war und nie mit mir selbst alleine.
Dadurch lerne ich Herausforderungen alleine zu meistern und wachse daran. Ich bin nicht immer auf die Hilfe anderer angewiesen.
Und Schluss endlich habe ich beim alleine reisen und arbeiten mehr Zeit für mich, komme viel besser zur Ruhe. Schlafe besser und bis besser gelaunt.
Und betreffend dem sozialen Aspekt, ich gehe viel offener auf Menschen zu und lerne dadurch neue Leute kennen. Als Paar ist man doch eher meist auf sich fixiert.
Der liebe Johannes Vogt hat sehr schön in einem seiner SocialMedia Posts geschrieben:
Gedanken am Meer
Es gibt Momente auf Reisen, da sieht alles schön aus und doch kommt eine Trauer, eine Sehnsucht oder ein Gefühl der Leere zum Vorschein.
Es ist doch alles gut – ich hab Urlaub!
Vielleicht der Weltschmerz, der Mond, die Hormone, Müdigkeit, Erwartungen, Hoffnungen…Alles zulassen, Atmen …
Vieles wird nochmal anders spürbar, wenn plötzlich Raum ist. –
Und zwischen vielen Möglichkeiten abzuwägen kann auch fordern… anders, aber ähnlich wie erst gar keine Möglichkeiten zu haben.
Ist man im Hamsterrad gefangen, ist es manchmal leicht zu träumen… man kann ja nicht, weil …hat ja scheinbar keine Wahl. Und dann ist man plötzlich frei und hat alle Möglichkeiten… wie es eben so ist mit der Eigenverantwortung im Leben.
Es ist wohl ein tägliches Erspüren dessen, was man selbst braucht, wonach sich das Herz sehnt – ob in der Heimat oder auf Reisen.
Und am Ende sind es doch die inneren Reisen und die inneren Entscheidungen mit welcher Haltung man Situationen begegnet.
So bleibt es ein stetiges Navigieren durch das Unbekannte, das Vertraute, Gewohnte, in Autonomie oder Verbindungen mit den dazugehörigen Emotionen. Ein wachsen, spiegeln, projizieren, freuen, lachen und trauern.
Immer wieder schaue ich auf die mutigen jungen Reisenden, die taffen Alleinerziehenden, die jungen Familien und alle, die das Hamsterrad durchbrechen und den Sprung ins Unbekannte wagen.
Blicke gleichzeitig auf die, welche in wohltuenden Routinen Stabilität und Halt gefunden haben… sich den Herausforderungen des Alltags stellen und mit Demut annehmen was ihnen das Leben schenkt und von Herzen teilen was sie zu geben haben.
Und blicke wieder auf den Angler, der auf ein Neues seine Angel auswirft.